Lars Fruergaard Jørgensen Foto: Novo Nordisk
2017 übernahm Lars Fruergaard Jørgensen den Chefposten beim kriselnden Diabetis-Spezialisten. Unter seiner Leitung kam Wegoy und Ozempic auf den Markt und etabliert Novo Nordisk kurzfristig als größtes Unternehmen Europoas. Bis der Kurs um die Hälfte einbrach. Wiederholt sich Geschichte? Denn unter ähnlichen Vorzichen begann seine stolze Karriere.
Lars Fruergaard Jørgensen, geboren 1966 in Dänemark, begann seine Karriere 1991 bei Novo Nordisk als Ökonom in der Abteilung „Health Care, Economy & Planning“. In den folgenden Jahrzehnten durchlief er zahlreiche Stationen und Auslandsposten – unter anderem in den Niederlanden, den USA und Japan – und machte sich einen Namen als vielseitiger Manager. 2004 stieg er zum Senior Vice President für IT und Unternehmensentwicklung auf, 2013 folgte die Beförderung zum Executive Vice President (EVP) und Chief Information Officer. In dieser Rolle verantwortete er neben IT auch Qualitätsmanagement und Unternehmensentwicklung und übernahm 2014 zusätzlich Personal- und Organisationsaufgaben. Als im September 2016 der langjährige Vorstandschef Lars Rebien Sørensen seinen Rücktritt ankündigte, fiel die Wahl des Aufsichtsrats auf Jørgensen: Der damals 50-Jährige – zuletzt EVP und Leiter der Unternehmensentwicklung – wurde zum designierten Nachfolger ernannt und übernahm zum 1. Januar 2017 offiziell das Ruder bei Novo Nordisk.
Jørgensens Start als CEO Anfang 2017 fiel in eine herausfordernde Phase für Novo Nordisk. Zwar verfügte das Unternehmen „über ein so starkes Produktportfolio und eine so schlagkräftige Organisation wie noch nie“, doch gleichzeitig sah sich Novo Nordisk mit beispiellosem Preisdruck von Seiten der Kostenträger und harter Konkurrenz konfrontiert. Insbesondere auf dem wichtigen US-Markt gerieten die Margen im Insulingeschäft durch politische Debatten um Medikamentenpreise unter Druck, was bereits 2016 zu Kursrückschlägen geführt hatte. Jørgensen übernahm also die Führung in unruhigem Fahrwasser: Sein Vorgänger hatte Novo Nordisk zwar zu einem global führenden Diabetes-Spezialisten gemacht, doch nun mussten neue Wachstumsfelder erschlossen werden. Wegovy – das heute berühmte Abnehmmedikament – gab es damals noch nicht; allerdings stand mit Semaglutid (später bekannt als Ozempic) bereits ein vielversprechendes neues Diabetes-Präparat in den Startlöchern, das Ende 2017 die Zulassung erhielt. Jørgensen trat sein Amt mit dem Versprechen an, die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben und zugleich die notwendigen Veränderungen anzugehen.
In den ersten Jahren seiner Amtszeit leitete Jørgensen einen strategischen Kurswechsel ein. Novo Nordisk verlagerte den Schwerpunkt weg vom stagnierenden Insulingeschäft hin zu innovativen Therapien für Diabetes und Adipositas. Angesichts des Kostendrucks zögerte Jørgensen dabei nicht, auch unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen: 2018 stellte das Management ein Sparprogramm samt Abbau von bis zu 3.000 Stellen in Aussicht, um die Profitabilität trotz schwieriger Marktbedingungen zu sichern. Gleichzeitig zahlten sich Neuentwicklungen aus. Das einmal wöchentlich zu injizierende GLP-1-Diabetesmittel Ozempic, eingeführt Anfang 2018, avancierte rasch zum Verkaufsschlager und übertraf die Umsatzerwartungen deutlich. „Die Einführung von Ozempic vergrößert den GLP-1-Markt, und die positive Resonanz in Nordamerika und Europa ist ermutigend“, erklärte Jørgensen damals zuversichtlich. Novo Nordisk positionierte sich früh als führender Anbieter in diesem wachsenden Segment und hielt bereits 2019 rund 46 % des weltweiten GLP-1-Marktes. Im selben Jahr gelang dem Unternehmen ein weiterer Meilenstein: Mit Rybelsus brachte Novo Nordisk die erste orale GLP-1-Pille auf den Markt – ein Novum in der Diabetesbehandlung. Diese Innovation bestätigte Jørgensens Kurs, auf neue Technologien und Indikationsgebiete zu setzen. Schritt für Schritt stabilisierten sich so Umsatz und Gewinn wieder. Der Vorstand hob die Jahresprognosen an, gestützt auf die wachsende Nachfrage nach den neuen Diabetes- und Adipositasmedikamenten. Novo Nordisk hatte die Talsohle durchschritten und bereitete sich auf eine neue Wachstumsphase vor.
In den 2020er-Jahren erlebte Novo Nordisk einen beispiellosen Höhenflug, der eng mit dem Siegeszug der GLP-1-Medikamente Wegovy und Ozempic verknüpft war. Das 2021 eingeführte Wegovy – eine hochdosierte Semaglutid-Injektion zur Gewichtsreduktion – entwickelte sich zum Blockbuster und öffnete Novo Nordisk die Tür zu einem gigantischen neuen Markt. Die Nachfrage nach der „Abnehmspritze“ explodierte förmlich, was Umsätze und Börsenwert der Dänen auf immer neue Rekorde trieb. Im Sommer 2023 überholte Novo Nordisk kurzzeitig sogar den Luxusgüterkonzern LVMH und wurde zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen Europas. Der Börsenwert von Novo Nordisk stieg dabei auf über 420 Milliarden Dollar und hatte sich seit 2020 verdreifacht. Allein im August 2023 kletterte die Aktie um fast 20 %, nachdem eine Studie einen deutlichen kardiovaskulären Nutzen des Adipositas-Mittels Wegovy belegte.
Die GLP-1-Therapien bescherten Novo Nordisk auch finanziell ein neues Zeitalter. Ozempic wurde nicht nur millionenfach von Diabetikern verordnet, sondern fand in geringer Dosierung teils abseits der Zulassung („off-label“) als Schlankheitsmittel Verwendung – ein Trend, der dem Medikament zusätzliche Verkäufe bescherte. Wegovy wiederum adressierte direkt die Behandlung von Adipositas und sprengte alle Prognosen: In kürzester Zeit erreichte es Milliardenumsätze. Allein im 2. Quartal 2024 steuerte Wegovy rund 1,7 Milliarden US-Dollar zum Ergebnis bei, und Ozempic sogar 4,23 Milliarden. Novo Nordisk konnte seine Jahresziele mehrfach anheben und wuchs zum globalen Marktführer im Bereich der Adipositas-Therapien heran. Jørgensens Strategie, früh und entschlossen auf GLP-1-Präparate zu setzen, hatte das Unternehmen an die Branchenspitze katapultiert.
Der immense Erfolg von Wegovy und Ozempic motivierte Novo Nordisk, neue Wege bei Vertrieb und Entwicklung zu gehen. Unter Jørgensen ging das Unternehmen ungewöhnliche Kooperationen ein, um die Reichweite seiner Medikamente zu vergrößern. So wurde 2023/24 eine Partnerschaft mit dem Telemedizin-Anbieter Hims & Hers geschlossen, um Wegovy in den USA direkt über digitale Plattformen an Patienten anbieten zu können. In Zusammenarbeit mit Online-Diensten wie Hims & Hers, Ro und LifeMD will Novo Nordisk Selbstzahlern den Zugang zu Wegovy erleichtern – auch als Reaktion darauf, dass manche Patienten mangels Kostenerstattung auf Nachahmerprodukte ausgewichen waren. Gleichzeitig erzielte Novo Nordisk einen wichtigen Erfolg auf dem US-Gesundheitsmarkt: CVS Caremark, der größte Pharmabenefits-Manager Amerikas, nahm Wegovy ab Juli 2025 als bevorzugtes Adipositas-Medikament in seine Standard-Arzneimittelliste auf. Diese exklusive Listung bedeutete, dass Wegovy bei vielen Versicherten zur ersten Wahl wurde, während Lillys Konkurrenzprodukt Zepbound in diesen Plänen nicht mehr erstattet wird. Mit solchen Deals – einschließlich vergünstigter Barzahlungsangebote etwa über CVS – baute Jørgensen Novo Nordisks Marktdominanz weiter aus und erschloss neue Vertriebskanäle.
Parallel dazu investierte Novo Nordisk unter Jørgensens Ägide massiv in die Erweiterung seiner Produktpipeline. Ein besonders ehrgeiziges Projekt ist die Entwicklung einer „Abnehmpille“ – einer oralen Version von Semaglutid zur Gewichtsreduktion. Nachdem eine Studie im Jahr 2023 gezeigt hatte, dass eine tägliche hochdosierte Semaglutid-Pille (50 mg) über 64 Wochen im Schnitt etwa 15 % Gewichtsverlust bewirken kann, bereitete Novo Nordisk zügig die Zulassung dieses Präparats vor. Im April 2025 gab das Unternehmen bekannt, den entsprechenden Zulassungsantrag bei der US-Arzneimittelbehörde FDA eingereicht zu haben. Jørgensen hoffte, Novo Nordisk damit einen Vorsprung im nächsten Kapitel des Adipositas-Marktes zu sichern, denn auch Wettbewerber wie Eli Lilly arbeiten an oral einnehmbaren GLP-1-Mitteln. Darüber hinaus tätigte Novo Nordisk während Jørgensens Amtszeit strategische Zukäufe – etwa von Technologiepartnern – und schloss Allianzen, um in neuen Therapiegebieten Fuß zu fassen. Der Fokus lag stets darauf, das Fundament für zukünftiges Wachstum zu legen und den Pionierstatus im Kampf gegen chronische Krankheiten wie Adipositas und Diabetes auszubauen.
Trotz aller Erfolge sah sich Novo Nordisk unter Jørgensen auch mit Kritik und Risiken konfrontiert. Die enorme Popularität von Ozempic und Wegovy rief Bedenken hervor, ob solche Medikamente verantwortungsvoll eingesetzt würden oder zum Lifestyle-Trend verkommen könnten. Seit Wegovy 2022/23 breiter verfügbar wurde, ist die Nachfrage riesig – doch ebenso groß ist die Kritik. Ärzte und Ethiker diskutierten, ob eine „Diätspritze“ für breitere Bevölkerungsschichten vertretbar sei oder ob damit nicht die altbekannten Mittel – Ernährungsumstellung und Bewegung – verdrängt würden. Jørgensen betonte zwar stets, dass Wegovy für Menschen mit Adipositas und ernsthaften Gesundheitsrisiken gedacht sei, dennoch gab es Stimmen, die vor einem leichtfertigen Gebrauch als Schlankheitskur warnten.
Auch handfeste medizinische Risiken rückten in den Fokus. Wie bei allen Medikamenten traten Nebenwirkungen auf: Viele Patienten litten zu Beginn der Therapie unter Übelkeit, Völlegefühl, Erbrechen oder Durchfall. In einigen Fällen kam es zu Gallensteinen; sehr selten wurden Entzündungen der Bauchspeicheldrüse beobachtet. Europäische und amerikanische Arzneimittelbehörden überwachten aufmerksam die Sicherheitsprofile der neuen Massenmedikamente – so untersuchte die EMA Berichte über mögliche depressive Verstimmungen und Suizidgedanken unter GLP-1-Präparaten. Während schwerwiegende Komplikationen die Ausnahme blieben, verdeutlichten diese Diskussionen doch, dass der Hype um Wegovy auch Schattenseiten hatte.
Eine der größten Herausforderungen war jedoch ganz praktischer Natur: Novo Nordisk konnte zeitweise nicht genug Wegovy produzieren, um die enorme Nachfrage zu befriedigen. 2022 und 2023 kam es zu Lieferengpässen, sodass der Konzern in den USA zeitweilig die Ausgabe der niedrigsten Einstiegsdosis rationierte, um Bestandskunden beliefern zu können. „Die Maßnahme, die Anfang des Jahres eingeführt wurde, hat geholfen, die Lage in den Griff zu bekommen. Daher wollen wir diese Beschränkung in den kommenden Quartalen fortführen“, erklärte Jørgensen im August 2023, als abzusehen war, dass sich die Knappheit bis ins Jahr 2024 hineinziehen würde. Diese Engpässe eröffneten Konkurrenten eine Lücke: US-Patienten wichen in zehntausenden Fällen auf nachgeahmte, in Apotheken laborgefertigte Semaglutid-Injektionen aus. Novo Nordisk musste nicht nur seine Produktion ausbauen, sondern auch juristisch gegen die Compounding Pharmacies vorgehen, die mit ungeprüften Kopien von Wegovy ein Geschäft witterten. Jørgensen stand somit vor der Aufgabe, den Balanceakt zwischen explosiver Nachfrage und begrenzter Lieferfähigkeit zu meistern – ein Problem, das im Pharmabereich in dieser Größenordnung selten auftritt. Diese Herausforderungen und Debatten begleiteten seinen CEO-Kurs und verlangsamten zeitweise den Höhenflug, den Novo Nordisk in Jørgensens Ära erlebte.
Ab Mitte 2024 geriet die Erfolgskurve von Novo Nordisk ins Stocken. Nach dem Erreichen des Börsenhochs im Juni 2024 – Novo Nordisk war zu diesem Zeitpunkt über 600 Milliarden Dollar wert – setzte eine Korrektur ein. Innerhalb weniger Monate verlor die Aktie etwa die Hälfte ihres Wertes. Auslöser dieser Wende waren vor allem zunehmender Wettbewerb und erste Enttäuschungen in der Produktpipeline. Im Herbst 2023 brachte Konkurrent Eli Lilly sein eigenes GLP-1-Präparat Tirzepatid (Markenname Zepbound für Adipositas) auf den Markt, das in klinischen Studien noch höhere Gewichtsreduktionen erzielt hatte als Wegovy. Bis April 2025 überholte Zepbound im US-Markt Novo Nordisks Wegovy nach Verschreibungszahlen deutlich. Novo Nordisk drohte, seinen First-Mover-Vorteil in diesem milliardenschweren Segment einzubüßen. Verschärfend kam hinzu, dass eines von Jørgensen forcierten Nachfolgeprodukte die Erwartungen verfehlte: Das Dual-Hormon-Präparat CagriSema (eine Kombination aus Semaglutid und Amylin-Analogon), dem man bis zu 25 % Gewichtsverlust zugetraut hatte, zeigte in Phase-III-Studien „nur“ rund 16 % Wirksamkeit. Diese Nachricht im Frühjahr 2025 enttäuschte Analysten – Novo Nordisks einst glanzvolle Pipeline schien an Glanz zu verlieren, während Eli Lilly gleichzeitig mit einem eigenen oralen GLP-1-Wirkstoff (Orforglipron) Fortschritte meldete. In der Folge geriet der Aktienkurs weiter unter Druck.
Der Einbruch der Aktie, die wachsende Konkurrenz und die Unsicherheit über die nächsten Innovationen führten schließlich zu Konsequenzen an der Unternehmensspitze. Am 15. Mai 2025 gab Novo Nordisk überraschend den bevorstehenden CEO-Wechsel bekannt: Lars Fruergaard Jørgensen werde sein Amt vorzeitig niederlegen. Aus dem offiziellen Statement ging hervor, dass das Unternehmen „in Anbetracht der jüngsten Marktchancen und der Entwicklung des Aktienkurses seit Mitte 2024“ einen beschleunigten Führungswechsel für geboten halte. Insidern zufolge hatte die mächtige Novo Nordisk Foundation – Hauptaktionärin des Konzerns – in einer Aufsichtsratssitzung im April 2025 Jørgensens Ablösung forciert. Offenbar sah man die Gefahr, die bisherige Vormachtstellung zu verlieren, und wollte mit frischem Führungspersonal gegensteuern. Jørgensen selbst zeigte sich von der Entscheidung überrumpelt: „Ich habe das nicht kommen sehen“, erklärte er gegenüber Reuters, nachdem man ihn kurz zuvor informiert hatte. Er willigte ein, noch so lange im Amt zu bleiben, bis ein Nachfolger gefunden ist, um einen geordneten Übergang zu gewährleisten.
Die Nachricht von Jørgensens Ausscheiden markiert einen abrupten Wendepunkt und sorgt für gemischte Reaktionen. Einige Anleger und Experten äußerten Unverständnis über die harte Maßnahme: Jørgensen habe das Unternehmen acht Jahre lang äußerst erfolgreich geführt, und normalerweise zeige Novo Nordisk mehr Geduld, „wenn man auf dem richtigen Weg ist“ – der radikale Schritt deute darauf hin, dass „etwas ziemlich schiefgelaufen sein muss“, kommentierte ein dänischer Bankanalyst. Dennoch akzeptierten die Finanzmärkte den Führungswechsel relativ gelassen: Die Novo-Nordisk-Aktie reagierte nur mit einem leichten Abschlag, während Lillys Aktie am selben Tag um über 2 % zulegte. Der Aufsichtsrat bemühte sich zu betonen, dass die Strategie und Pläne unverändert blieben. Gleichwohl war klar, dass mit dem erzwungenen Abgang Jørgensens eine Ära endete – und dass Novo Nordisk vor einem Neubeginn unter veränderten Vorzeichen stand.
Mit Lars Fruergaard Jørgensens Ausscheiden zog Novo Nordisk die Konsequenz aus einem Spannungsfeld von riesigen Erfolgen und neuen Risiken. Seine Bilanz als CEO fällt beeindruckend aus: In den acht Jahren unter seiner Führung hat sich der Umsatz des Konzerns nahezu verdreifacht und der Aktienkurs einen Gesamtertrag (inklusive Dividenden) von rund 300 % erzielt. Novo Nordisk stieg zum wertvollsten Unternehmen Skandinaviens auf und wurde zeitweise zum teuersten Konzern Europas – ein Triumph, den vor allem Jørgensens strategischer Wette auf GLP-1-Medikamente zu verdanken war. Er gilt als Architekt der Transformation vom klassischen Insulinhersteller hin zum Lifestyle-Pharmaunternehmen, das neben Diabetes auch die Volkskrankheit Adipositas mit modernen Therapien adressiert. Die Einführung von Wegovy und die Fokussierung auf Adipositas-Behandlungen werden als Meilensteine seiner Amtszeit in Erinnerung bleiben. Viele Beobachter werten Jørgensen daher als weitsichtigen Macher, der Novo Nordisk den Weg in ein neues Zeitalter ebnete.
Doch es gibt auch eine andere Lesart seines Erbes. Kritiker merken an, dass der spektakuläre Erfolg von Ozempic/Wegovy zwar unter Jørgensens Ägide stattfand, die Grundlagen dafür jedoch schon zuvor gelegt wurden – Semaglutid wurde lange vor 2017 im Labor von Novo Nordisk entwickelt. Jørgensen habe das ihm übergebene „goldene“ Produkt erfolgreich skaliert, so die Sichtweise, dabei aber eventuell zu spät erkannt, wie schnell die Konkurrenz aufschließt. Tatsächlich offenbarte sich Ende 2024, dass Novo Nordisk dem Rivalen Lilly in Sachen Innovation nicht mehr voraus war. Jørgensens zögerliche Pipeline-Entscheidungen (etwa das späte Vorantreiben der oralen Semaglutid-Pille) und die Lieferprobleme bei Wegovy boten Angriffsfläche. Sein Abgang wird daher auch als Signal interpretiert, dass in einem härter umkämpften Umfeld ein anderer Führungsstil gefragt sein könnte. Mikael Bak von der dänischen Aktionärsvereinigung etwa meinte, es sei „nicht völlig überraschend, dass ein Unternehmen vom Kaliber Novo Nordisks einen anderen Typ von Führungsperson braucht, wenn die globale Konkurrenz intensiver wird“.
Für Novo Nordisk bedeutet der Führungswechsel insofern eine Zäsur. Jørgensen hinterlässt ein kerngesundes Unternehmen auf Wachstumskurs, aber auch enorme Erwartungen an seinen Nachfolger. Dieser wird beweisen müssen, dass Novo Nordisks Erfolg kein einmaliger Höhenrausch war. Die Zukunft des Konzerns hängt davon ab, ob er die Erfolgsgeschichte fortschreiben kann – durch weitere Innovationen (wie die erhoffte Abnehmpille), die Bewältigung von Produktions- und Lieferkettenfragen und den entschlossenen Ausbau der Marktposition gegenüber Wettbewerbern. Jørgensens Amtszeit hat Novo Nordisk geprägt, und sein Abschied markiert das Ende eines außergewöhnlichen Kapitels. Ob Lars Fruergaard Jørgensen als großer Stratege oder als überschätzter Verwalter in die Firmenannalen eingeht, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Fest steht, dass Novo Nordisk dank seiner Führung eine transformative Phase erlebt hat – und nun, ohne ihn, den nächsten Schritt machen muss. Die Weichen sind gestellt, die Herausforderungen benannt. Jetzt liegt es am neuen Management, das Erbe Jørgensens zu nutzen und Novo Nordisks Stellung als pharmazeutischer Champion zu festigen.
Quellen: Novo Nordisk Pressemitteilungen, Reuters, Bloomberg, FAZ, Handelsblatt u. a.